Elfriede Jelineks neues Theaterstück “Die Kontrakte des Kaufmanns” scheint eine wahre Fundgrube für Nichtssucher zu sein. So jedenfalls mein Eindruck bei Durchsicht der gestrigen Feuilleton-Besprechungen, die sich mit der “Wirtschaftskomödie” – so der Untertitel – beschäftigten. Zwar wird das Stück erst im April in einer Koproduktion des Thalia Theaters Hamburg mit dem Schauspiel Köln uraufgeführt werden, eine “Urlesung” fand jedoch bereits vorgestern in Wien statt. Laut Regisseur Nicolas Stemann dauerte die Lesung der 93 Seiten länger als die Proben dazu, nämlich viereinhalb Stunden.
“Nichts ist schwerer zu dramatisieren als das Börsengeschehen”, legt Robert Misik in der taz die Latte schon mal hoch, um dann das “Stück zur Wirtschaftskrise” in einem fulminanten Nichts-Wirbel auf den Punkt zu bringen:
“Wir haben ins Nichts investiert”, rufen die Investoren. In “forderungsbesicherte Wertpapiere”. Also in Schulden. In “weniger als nichts”. Würde ein Revolutionsdirektorum dieses System übernehmen wollen, es fände buchstäblich NICHTS vor. “Wir haben in ein Unternehmen investiert, das es gar nicht gibt.” Man investiert ins Nichts, das Nichts vermehrt sich, das Nichts wird über die ganze Welt verkauft – das, so Jelineks Pointe, ist die absurde Rationalität der Finanzmärkte.
Wo schon die Kritik ins im Nichts schwärmt, da lässt sich auch Jelinek nicht lumpen. Der letzte Satz des Stücks: “Dann gehört Ihnen gar nichts mehr. Nichts.”
[Paul]