Null Island

Null Island ist ein Insider-Witz unter Kartographen. Sie ist eine imaginäre Insel an einem realen Ort, nämlich im Atlantischen Ozean vor der Küste Afrikas, wo der Nullmeridian auf den Äquator trifft – bei 0° N 0° E. Der Kartograph Alan McConchie erzählt in einem langen, kenntnisreichen Blogbeitrag, warum die “Null-Insel” überhaupt (nicht) existiert und warum die “Null-Insel” in vielen Geographischen Informationssystemen die Form der Insel aus dem Videospiel “Myst” hat.

Laut Wikipedia gab es sogar eine Zeitlang die Website www.nullisland.com, auf der behauptet wurde, die Null Island habe 4000 Einwohner, ein Tourismusbüro, eine wachsende Ökonomie und den höchsten Segway-Besitz pro Person.

[Gefunden bei kottke.org]

Nada

Im spanischen Original “Nada”, im englischen Untertitel “Nothing” heißt die fünfteilige argentinische Miniserie, die derzeit auf Disney Plus für gepflegte Heiterkeit sorgt. Der Sender trailert das so:

“Ein typischer Buenos Aires-Dandy, der kaum genug Mittel hat, um seinen wohlhabenden Lebensstil aufrechtzuerhalten, verliert seine Haushälterin, die ihm in den letzten vierzig Jahren geholfen hat. Während er eine potenzielle Ersatz Haushaltshilfe, eine junge Paraguayerin, ausbildet, entdeckt er, dass das Mädchen mehr zu lehren als zu lernen hat, und stellt ihn vor das nie dagewesene Abenteuer, zu lernen, allein zu leben.”

Und so:

[Peter]

[Eine Dankeschön an Holger Schlosser für den Hinweis.]

Aus Nichts einen Apfelkuchen backen

Man kann sich einen Apfelkuchen einfach kaufen. Oder selber backen. Und dafür alle Bestandteile des Apfelkuchens selber herstellen. Was das am Ende bedeutet, hat sich Zack Scholl überlegt und das ganze als “rekursives Rezept” auf einer eigenen Website programmiert. Sehr vergnüglich und erhellend. Fängt man wirklich bei null an, ist nach seiner Berechnung der Kuchen nach 8 Jahren, 10 Wochen, 4 Tagen, 12 Stunden und 34 Minuten fertig. In einer Grafik sieht der Entstehungsprozess dann so aus:

Man darf auch selber an der Grafik rumspielen. Toll.

[Gefunden bei kottke.org]

Nichts-Zitate (33)

Wenn die Arme eines Kalmars erzählen könnten … In Luca Kiesers Romandebüt können sie. Sie haben sogar eigene Namen. Da gibt es den Hehren Arm, den Halben, den Müden, den Süßen, den Blendenden oder den Bisschen-Schüchternen Arm. Sie alle erzählen Geschichten. Dazwischen unterbrechen sie sich gegenseitig mit Fußnoten, um die Leserin zu sich zu ziehen. Was Fangarme eben so machen. Gleichzeitig verweben sich die Geschichten. Und lassen dabei nichts aus. Nicht mal das Nichts:

“In den eisigen Strömen unserer Heimat gab es Schluchten, die senkrecht abfielen. Manche von uns, vor allem der Hehre, spielten mit dem Gedanken, sich einmal hineinzustürzen. Er glaubte daran, dass auch dort unten etwas im Wasser war. Die Mehrheit von uns ging allerdings davon aus, dass es dort nur ins Nichts führte, dass diese Schluchten nichts enthielten, nichts. Was aber dieses Nichts war, konnte sich keiner von uns vorstellen.”

Luca Kieser: Weil da war etwas im Wasser





[Peter]

Teures Nichts

Warum kauft sich Alexander Krützfeld einen bewerkenswerten Computer, der praktisch nichts kann? Nicht weil er doof ist, sondern weil er einen Computer haben möchte, der nichts können soll. Leider ist der dafür sehr teuer, schreibt Alexander im Techniktagebuch: “Es ist praktisch ein knapp 700 Euro teures Nichts, und damit das teuerste Nichts, was ich bisher erstanden habe.”
Und das alles nur der Amseln wegen. Ach übrigens …

Nachtrag 8.9.: Offenbar hat es sich gelohnt, das teure Nichts zu kaufen. Alexander ist jedenfalls begeistert.

Nichts-Zitate (32)

Ich hätte ja nie gedacht, dass ich mal einen Western lesen würde. Schauen schon, aber lesen? Habe ich aber. Und dieser prasst mit allen verfügbaren Klischees – brandysaufende Revolverhelden, Goldrausch, Duelle, sandige Westernstädte, böse Schurken, zwielichtige Kneipen, Hinterhalte – nimm, was du willst. Dann unterläuft er all das und philosophiert über Männlichkeitswahn, Umweltverschmutzung, Waffenverehrung und unerwartete Selbsterkenntnis. Könnte von Tarantino verfilmt sein, wurde es aber von Jacques Audiard. Und zum Schluss haut der Oberbösewicht – in der Badewanne sitzend und einem imaginären Publikum vortragend – das da raus:

“Ein großer Mann ist derjenige, der eine Leerstelle in der materiellen Welt mit der Essenz seiner eigenen Person zu füllen vermag. Ein großer Mann ist derjenige, der selbst dort Glück hat, wo andere nie Glück hatten – vermöge reiner Willenskraft. Ein großer Mann ist derjenige, der etwas aus dem Nichts schafft. Und glauben Sie mir, Gentlemen, sollte Ihnen dies gelingen, dann ist die Welt um Sie herum auch nicht mehr als ein Nichts.”

Um im nächsten Moment eines Besseren belehrt zu werden.

Patrick deWitt: Die Sisters Brothers





[Paul]

Nichts-Zitate (31)

Island. Seine Menschen, das Meer, die Berge. Schnaps, Religion, Fischfang. Der Pfarrer, der Auswanderer, die Fischausnehmerinnen. Die Ankunft der Zukunft. Hallgrímur Helgasons Roman “60 Kilo Sonnenschein” erzählt aus dem Leben der Isländer vor 120 Jahren und warum sie sind, wie sie sind. Großartig, witzig, bedrückend. Und nebenbei fallen sprachliche Perlen aus dem Erzählersack.

Historische Ereignisse gehen meist langsam und zugleich schnell vor sich. Sie haben Vorzeichen, auf die niemand achtet und sie schwimmen untergetaucht, bis sie am richtigen Datum ihren historischen Kopf aus dem Wasser heben. Nichts geschieht aus dem Nichts. Wenn man Geschichte aus der Distanz betrachtet, wird erkennbar, dass kein bedeutendes Ereignis im Fluss der Zeit vollkommen unsichtbar bleibt, die Menschen wurden vorgewarnt, doppelt und dreifach, aber das ist vergraben und vergessen, wenn die historische Stunde schlägt. Dann trifft es sie alle unvorbereitet. Gelähmt vor Staunen stehen die Menschen vor dem Großereignis, das in den Stiefeln der Geschichte majestätisch an Land steigt, groß und blond, salz- und wettergebräunt, gutaussehend, den Männern zieht es im Unterleib und die Frauen bekommen weiche Knie.”

Hallgrímur Helgason: 60 Kilo Sonnenschein



Titelbild von "60 Kilo Sonnenschein"

[Peter]